Hinrich Reinert Hinrichs, auch bekannt als Henning Rinken, war neben C.P. Hansen der bedeutendste Chronist unserer Insel. Seit etwa 20 Jahren ist bekannt, dass er mindestens drei Schriften mit dem Titel „Allerley Berichte größsten Theils über Sylt betreffend der Vorzeit und Gegenwart aus alten Schriften und Sagen zusammengestellt von Hinrich Reinert Hinrichs“ verfasst hat. Die jüngste, „3. Version“ aus dem Jahre 1854 wurde durch eine Versteigerung wiederentdeckt, im Jahre 2020 von einem privaten Sammler angekauft, vom Festland zurück auf die Insel gebracht und dem Sylter Archiv als Schenkung übergeben (die Sylter Rundschau berichtete am 20.01.2020 und 08.08.2020).
Der Text wurde digitalisiert, um extern transkribiert, d. h. in diesem Falle in eine menschen- und maschinenlesbare Schrift übertragen werden zu können. Albert Panten, der seit Jahrzehnten zur nordfriesischen Geschichte forscht, veröffentlichte 1992 zusammen mit Karl Schmidt-Rodenäs im Nordfriesischen Institut die Transkription der Erstfassung der Chronik aus dem Jahre 1835. Daher war er mit der Arbeit Henning Rinkens bereits vertraut und hatte sich dankenswerter Weise erboten, diese mühselige Aufgabe zu übernehmen. Trotz Verlust des Einbandes und zweier Blätter des Inhalts verblieben noch an die 160 Seiten Text in der feingliedrigen Handschrift von Henning Rinken, die nun als Transkription und Datei vorliegen. Die Mitarbeiterinnen des Sylter Archivs freuen sich, die Chronik mithilfe dieser dem interessierten Publikum nun in allgemein lesbarer Form zugänglich machen zu können.
Albert Panten beschrieb nach Abschluss der Transkription Rinkens Arbeit mit den Worten C.P. Hansens: „Dem Leser offenbart sich eine in’s kleinste Detail gehende Chronik der Insel Sylt“, die Rinken „mit der rühmlichsten Accuratesse und Sorgfalt fortgesetzt hat.“ Die letzte Fassung, so kommentierte Panten weiter, weise zwar etliche Kürzungen und Variationen gegenüber der Erstfassung auf. Die Charakteristik seiner Handschrift habe sich aber nicht verändert. Nach der Transkription hat Panten sich den Vergleich der unterschiedlichen Versionen vorgenommen und vermutet, dass Rinken bei der Erstellung der früheren Fassungen die Insel im Ganzen im Blick hatte, während in der jüngsten Version jedoch das Hauptgewicht auf Westerland liege.
Und was steht in so einer Chronik? Die Themenauswahl ist universell. Der Text berichtet über die Insel, das Wetter, einzelne Orte, Personen und Entwicklungen. Dazwischen platzierte Rinken immer wieder auch sagen- und anekdotenhafte Berichte über besondere Ereignisse oder auch kuriose Begebenheiten. Überschriften wie „Verzeichniß der auf Sylt durch Feuer verunglückten Häuser“, „Hohe Personen auf Sylt“, „Sturm und hoher Fluthen“, „Verordnungen und Befehle“ und nicht zuletzt „Allerley Merkwürdigkeiten“ sprechen für sich und sind nur einige Beispiele für die von Rinken zusammengetragenen Informationen, die im Wesentlichen die Zeit des 17. bis 19. Jahrhunderts abdecken.
„Rinkens Aufzeichnungen“, so Albert Panten, „geben ein treues und nüchternes Bild Sylts und seiner Bevölkerung vor dem Beginn des Tourismus wieder. Rinken arbeitete statistisch und war Freund exakter und vieler Zahlen. Als Kirchspielsvorsteher hatte er Zugriff auf die Akten im Pastorat und schrieb manche Bücher auch ganz ab. Diese Abschriften liegen aber noch unerkannt auf Sylt. Henning Rinken war ein Endzeitchronist, er fühlte bewusst oder unbewusst, dass die Tage des alten Sylts gezählt waren.“