Einblicke in die Proben der „Gezeiten-Tanz-Company“ 2024
„Ich fühl das bis in den kleinsten Zeh!“
Was ein intensiver Kreativprozess mit Menschen macht – ganz gleich, ob sie sieben Jahre alt sind oder 84. Für dieses Phänomen gibt es in diesen Tagen in der Turnhalle des Gymnasiums reichlich Anschauungsmaterial. 70 Sylter in drei Altersstufen arbeiten in ihren Sommerferien mit Hingabe an einer großen Tanztheater-Performance. Es ist die 17. Produktion der „Gezeiten-Tanz-Company“ mit mehr Teilnehmenden denn je.
Zehn Trainingseinheiten in der Halle und eine Probenwoche im Alten Kursaal sind für den Sommer 2024 vorgesehen. Dann steht alles. Die Erfahrung gibt die Sicherheit, dass am Ende alles klappen wird. Das Erlebnis von Probenfleiß, über Lampenfieber bis hin zum Schluss-Applaus ist für die Teilnehmenden essentiell. Auf dem Weg dahin bleibt natürlich Raum für Unerwartetes und Improvisation – wie bei jedem künstlerischen Prozess. Die Premiere der Produktion 2024 wird am Sonnabend, 17. August, um 18.30 Uhr im Alten Kursaal gefeiert. Die zweite Aufführung ist für den 18. zur selben Zeit am selben Ort angesetzt.
Es ist Probentag sechs. Etliche der jugendlichen Tänzer, die sich hochkonzentriert über den Hallenboden bewegen, haben schon viele Sommer Erfahrung im Projekt. Einige sind dadurch so entflammt, dass sie über Berufe nachdenken, in dem Tanz und Pädagogik die Hauptrolle spielen. „Selasi Afriyie ist ein Beispiel, dass das gehen kann. Sie hat das erste Mal mit sieben Jahren bei uns mitgemacht und schon damals das Publikum zu Tränen gerührt. Jetzt studiert sie in Hannover Tanzpädagogik. Auch ihre Schwester tanzt bei uns. Wir planen beide mit ein – auch wenn sie nicht immer mitproben können“, erzählt die künstlerische Leiterin des Projekts, Suheyla Ferwer, die jeden Sommer mit ihrem Team aus Köln anreist und mit ihrer hinreißenden Art Kinder, Jugendliche und Erwachsene dazu bewegt, über sich hinauszuwachsen. Das Projekt wird von den Schulsozialarbeitern um Alexandra Berendes begleitet. Die organisatorischen Fäden hält alle Jahre Inseljugendpfleger Holger Bünte in den Händen. „Demokratie leben“ unterstützt das Sylter Sommerferienprojekt mit 10.000 Euro. Die Gemeinde Sylt übernimmt die verbleibenden Kosten. Sozial- und Kreativprozesse zu inszenieren, ist Suheyla Ferwers Lebensaufgabe. Das macht sie nicht nur auf Sylt, sondern weltweit. Manchmal auch an besonderen Locations – gerne erinnert sie sich an ein Projekt in einer Moschee und auch in einem Gefängnis. Sie brennt dafür, Menschen erfahren zu lassen, was das Zusammenspiel von Musik und Bewegung bewirkt, welche Grenzen das überwinden lässt. Und wie gut das tut. Ihr Ziel: Ihre Tanzschüler stark zu machen fürs Leben. Für etliche in der Gruppe ist das eine völlig neue Erfahrung. „Eigentlich bin ich ja eher der Fußballer. Ich hatte nicht geahnt, wie gut es tut zu tanzen. Ich fühl’ das bis in den kleinen Zeh“, meint der elfjährige Youcef Himoun zum Ferientanzprojekt und beschreibt damit genau das, was Tanz im besten Fall mit einem macht. „So viel Spaß wie dieses Jahr hatten wir noch nie. Tanzen ist eben viel mehr als Sport. Es ist Kunst“, versichert auch Bjarne Harm-Petersen, ein „alter Hase“ im Sommerprojekt, das Menschen bewegt – vor und hinter der Bühne.
Auch in diesem Jahr arbeiten die jungen Sylter mit Lehrern, die sich ausgezeichnet als Vorbild eignen. Svitlana Shuhailo zum Beispiel. Die junge Tänzerin floh vor dem Krieg in der Ukraine und baut sich jetzt in Deutschland aus eigener Kraft ein neues Leben auf. In ihrem Beruf. Mit Unterricht an der Folgwangschule in Essen und Projekten im Team von Suheyla. „Ich kann mir jetzt richtig gut vorstellen, wie toll die Premiere wird“, meint Svitlana in beinahe perfektem
Deutsch zu ihren Schülerinnen und Schülern. Julius Olbertz pflichtet ihr bei. Der Tänzer und Choreograph hat ebenfalls selbst als Kind mit Suheyla getanzt. Heute arbeitet er mit in ihrem Team.
„Kaleidoskop des Lebens“ heißt die diesjährige Produktion, die die Vielfalt des Menschseins auf die Bühne zaubert. Die Freude, den Schmerz, die Liebe, das Leid, die Unterschiede und die Übereinstimmungen. Vielfalt wird sich auch darin zeigen, dass diverse Musikstile für die Choreographien zum Einsatz kommen, dass es musikalische Lifemomente geben wird und Sequenzen, in denen die Profi-Tänzer als Solisten ihr Können zeigen.
„Wir beginnen beide Aufführungen mit einer „Performance im Rathauspark vor dem Alten Kursaal“, sagt Suheyla Fewer und benennt damit einen weiteren Aspekt dieser Kulturerfahrung. „Vielfalt ist auch zu erleben, wie viele Spielformen moderne Kunst besitzt.“
*Karten für „Kaleidoskop des Lebens“ gibt es ab sofort beim ISTS online und an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Im Anschluss an die Premiere legt der Münchener DJ Rupi zur AftershowParty auf.